Klimaty Łagowskie (Deutsch)

Klimaty Łagowskie (Deutsch)


3 August 2016


Die Entwicklung Lagows und der Umgebung in der zweiten Hälfte des 20.Jahrhunderts – bis 1945
(was für Gebäuden von der Stadt und Privatpersonen gebaut wurden, die für wirtschaftliche und touristische Zwecke bestimmt waren)

Im Königreich Preußen wurde am 30.10.1810, nach dem königlichen Erlass, der Johanniterorden säkularisiert. Das Ordensvermögen in Lagow: Schloss und Rittergut kommt in die Hände einer Reihe von verschiedenen Besitzern. Hier die Auflistung der Besitzer nach der Säkularisierung:

  • 1810-1818 - Preußische Staatsdomäne; hier Bemerkung: seit 1812 dürfen schon gebunden oder verteilt (und verkauft) werden,

  • 1819-1830 - für seine Verdienste bekommt das Vermögen der General Friedrich Wilhelm von Zastrow,

  • 1834-1843 - der neue Eigentümer ist General Barfuß Falkenberg; seit dieser Zeit trägt die die Anhöhe, die sich in unmittelbarer Stadtnähe befindet, den Namen Falkenberg. In den 30-ger Jahren des 19.Jahrhunderts entstehen hier die ersten Wirtschaftsgebäuden des späteren Vorwerks,

  • 1843-1852 - in dieser Zeit gehört das Schloss zu Lagow und das Gut dem Hermann von Oppen aus dem Hause Groß Garden/ Gądków Wielki,

  • 1852-1856 - Das Gut und Schloss kauft Familie von Armin; diese 4 Jahre – das ist die kürzeste Zeit in der Geschichte der Liegenschaft, in der sie in Hand eines Besitzers war,

  • 1856-1893 - das Johanniterschloss samt Rittergut wird vom Hugo Graf Wrschowetz- Sekerka von Sedczic gekauft. Im Jahre 1856 war das Schloss eigentlich völlig unbewohnbar. Die Treppe, die nach oben ging, hatte keinen Abschluss. Alles stand offen. Im Rittersaal hausten Kaninchen und spielten die Stadtkinder. Die Burgmauern waren nieder gebrochen. Der Graf richtete sie alle wieder her. Um die Kirche standen sämtliche Wirtschaftsgebäude und so hörte man von dort Kühe blöken und die Schweine grunzen. Hugo Graf Wrschowetz, nachdem ein Vetter von ihm, ein bekannter Wasserfinder, auf dem Falkenberg eine Quelle entdeckt hatte, konnte alle Wirtschaftsgebäude mit Pachthaus und der Brennerei hinaufzubauen. Ganzer Gutshof wurde verlegt. Bauwerke aus jener Zeit, die heute noch stehen, sind u.a. die Hydropumpe in der Straße 1-go Lutego (des ersten Februars), die Brennerei aus dem Jahre 1884 auf dem Gutshof und ein großes Haus, von den Arbeitern bewohnt (bis 1999) und als herrschaftliches Haus, oder sogar Palast genannt. Im Register der Denkmalschutzbehörde wird das Objekt als Verwalterhaus eingetragen (siehe „KŁ“ Nr. 25/2015: „Kinderheim Lagow“ und „Lagow – Ein Buch der Heimat“),

  • 1893-1945 - nach dem Tode des Grafen wurde das Vorwerk „Rittergut“ und das Schloss von Freifrau Margot Wurmb von Zink verwaltet, die als Verwandte vom Hugo Graf Wrschowetz das Vermögen geerbt hatte. Zu dieser Zeit ist sie schon Witwe mit zwei Töchtern: Margot und Wanda und einem Sohn Wilhelm, der verhältnismäßig schnell (1930) stirbt. Auf dem dritten, heute erkannten evangelischen Friedhof in Lagow (jetzt von der Kommune geführt) wird im Jahre 1929 eine Kapelle aufgebaut. Der verstorbene Wilhelm und Graf Wrschowetz sind hier beigesetzt worden. Damals wurden Schon Begräbnisse auf dem bisherigen Friedhof Falkenberg aufgegeben. Inzwischen bekam das Rittergut (als Mitgift) die älteste Tochter Margot, die den Grafen Richard Pückler und Limpurg heiratete. Freifrau Margot Wurmb von Zink musste mit 80 Jahren aus der Heimat fliehen; sie starb in Burgfarnbach am 02.Juli 1948 im fast vollendeten 84.Lebensjahr. Im Jahre 1909 wird eine neue Bahnstrecke Topper – Meseritz gebaut, dabei bekommt auch Lagow eine Haltestelle mit Bahnhof. Dank dieser Verbindung mit der Welt entwickelt sich Lagow sehr schnell. Wo früher sich Ziegen, Kühe, Schafe und Hammel, sogar Schweine weideten – wuchsen jetzt Häuser in allen Richtungen:

    • nach Petersdorf, wo im Jahre 1926 neue Straße erbaut wurde; an dieser Straße wurde im 1927 die Jugendherberge gebaut,

    • nach Neu Lagow, denn man musste die Bahnhofstraße bauen; an dieser Straße wurde die Schule gebaut, hier lag auch das Sägewerk,

    • nach Spiegelberg wurde die Straße im 1928 gebaut, weil hier Pensionen entstanden,

    • An dem Seeweg wurden u.a. hölzerne Häuser für die Priester erbaut. Nach dem 1945 bekam die Straße den Namen: ul. Ignacego Padaerewskiego.

Wie sich die Zahl der Bewohner in Lagow änderte/ vergrößerte, zeigt untere Auflistung:

  • 1727 – Lagow hat rund 200 Einwohner,

  • 1864 – die Stadt zählte schon 434 Einwohner in 63 Häusern,

  • 1900 – die Einwohnerzahl senkt auf rund 400,

  • 1910 – in der Stadt wohnen 495 Seelen, im Schloss 183, in Lagow Forst weiter 102,

  • 1928 – die Stadt samt Bewohner des Schlosses und Lagow Forst zählt 1150 Personen,

  • 1939 – bei der Volkszählung wurden in Lagow rund 1200 Bewohner gezählt, die in 351 Haushalten lebten.

Im Jahre 1927 begeht die Stadt ihr 200-jähriges Bestehen als Stadt. Die Stadtrechte (ziemlich beschränkt) bekam der Ort im Jahre 1727 vom Komtur Christian Ludwig; er war Komtur zu Lagow in den Jahren 1705 – 1735. In demselben Jahre 1927 wird gleichzeitig auch das 700-jähriges Jubiläum des Ortes gefeiert. Wegen der Festlichkeiten wurde in dem märkischen Torhaus der bisher fehlende Fußgang durchgestoßen; früher gab es hier nur eine Durchfahrt für alle: für die Reiter, Kutscher, getriebenes Vieh, allerlei Wagen.

Die Jubiläumsfeier fand in den Tagen von 9. bis 11.Juli statt. Zu den Festlichkeiten kamen viele Gäste nicht nur aus Brandenburg, sondern aus ganz Deutschland. Am 19.Juni 1927 wurde feierlich die Jugendherberge eröffnet. In der Einweihung nahmen über 1000 Jugendlichen teil.

Das Jahr 1927 darf auch als Auftakt der Umgestaltung des Ortes in ein Luftkurort gesehen werden. Aber die Stadt ist zu dieser Zeit die kleinste im ganzen Deutschen Reich. Der Stadtrat wusste, dass die Bewohner kleinere, dörfliche Steuer zahlen möchten und beschloss deswegen, entsprechenden Antrag an die Regierung zu richten.

Am 16.05.1931 entschied die deutsche Regierung, dass ab 07.02.1932 Lagow die Stadtrechte verliert und wieder ein Dorf ist. Der letzte Bürgermeister, der seit 1925 im Amt war, hieß Herr Radlow. Nun wurde ein Schuldheiß gewählt; die Whlen gewann Herr O.D. Cuno.

Heute ist Lagow weiterhin ein Dorf, jegliche Bemühungen der polnischen Gemeindevorsteher (die Herren Czajkowski, dann Oleszkiewicz, und gegenwärtig Kalbarczyk), um wieder die Stadtrechte zu bekommen, sind gescheitert.

Man soll noch manche Jahre aus der Spätgeschichte Lagow erwähnen:

  • 1858 Gründung des Schützvereins, der jetzt jedes Jahr das Schützenfest organisiert.

  • 1920 Gründung des Männerturnvereins; dank seiner Initiative entstand die Turnerbadeanstalt am Ostufer des Tschetschsees; erster Strand mit einem Strand-Wächter namens Sommer, der aus Neu Lagow stammt. Nach 1945 bekam der Platz den Namen „Wilder Strand/Dzika plaża“. Im Jahre 1995 wurde die hölzerne Konstruktion teilweise rekonstruiert.

  • 1934 Am Ostufer des Lagower Sees entstand eine neue Badeanstalt. Der Strand ist groß, in der Nähe ist ein Hotel mit Restaurant. Alles sieht sehr attraktiv für die Einheimische aus, ebenso für die Kurgäste. Nach 1945 funktionierte auf der Gelände eine Erholungseinrichtung, die zuerst durch eine Zentrale „POSTiW“ in Schwiebus geführt wurde, später (bis 2005) durch das Unternehmen „Lubtour“ in Grünberg. Jetzt heißt die Erholungsstätte „Mundi Recra“, und das Restaurant „La Viee“.

Von den Kriegsjahren 1939 – 1945 wissen wir verhältnismäßig wenig. Die Pensionen wurden für die verletzten Soldaten ausgenutzt. In anderen Kurräumen wohnten hauptsächlich Frauen mit Kindern, die aus den dauerhaft bombardierten Großstädten hier eine sichere Zuflucht fanden.

In Lagow, aber auch in allen anderen Dörfern, lebten damals Zwangsarbeiter aus vielen europäischen Ländern, die auf den Bauernhöfen und Feldern die Männerarbeit ausübten, denn alle deutschen Männer dienten in Uniformen in verschiedenen Einsatztruppen.

Im Jahre 2007, während einer Sitzung der deutsch-polnischen Arbeitsgruppe in Lagow wurde festgelegt, dass die Gruppe völlig unpolitisch agiert, und beide Seiten keine Ansprüche gegeneinander aufstellen werden.

Über die Zeiten ab Februar 1945 wurde schon in früheren Nummern der Zeitung „KŁ“ mehrmals geschrieben. Hier nur ein kurzer Ausschnitt aus einer Erinnerung aus der Zeit der Vertreibung der deutschstämmigen Bevölkerung. In Lagow, gefolgt dem Befehl der Obermacht des polnischen Militärs Nr. 236 vom 10.06.1945, begann die Vertreibung am früheren Morgen des 24.Juni 1945. Der Befehlshaber Oberst Stanisław Kupsza, setzte den Befehl durch. Der Ausschnitt:

„Es war Samstag. In den Morgenstunden, im dauerhaften Regen, gingen die versammelten Leute mit ihrem zugelassenen Handgepäck auf der Spiegelbergstraße Richtung Spiegelberg, dann auf der Straße Nr.167 nach Koritten, und weiter zur Oder. Die Wanderung dauert fast drei Wochen, bis 11.- 12.07.1945. Die Nächte wurden in den schon verlassenen Häusern, Scheunen, Hütten, in den Straßengraben, oder auf den freien Feldern verbracht; es war hungrig, entsetzlich, unsicher und gefährlich, ohne Gesundheitsfürsorge, ohne Essen …“


Bearbeitung: Ryszard Bryl

Literatur:


U. Kathe – Briefe und Erinnerungen von Lagow bis 1945,
E. Schulz – „KŁ“ Kinderheim Lagow,
Ch. Weidlich – Briefe und Artikel über Lagow in „KŁ“,
H. Sommer – Von der Frühzeit bis zur Vertreibung 1945,
A Padiasek – „KŁ“ Heute noch Stadt, ab morgen ein Dorf.















28 Mai 2016


Hotel Deutsches Haus

Gegründet 1920

Inhaber: Max und Martha Heinrich

Fotos: Lucie Arnhold-Weet, geb. Arnhold

OHB 3/2012

Eine Familiengeschichte


Meine Großeltern waren Max und Martha Heinrich. Er war ein Müllerssohn aus Liebenau und Martha die Tochter eines Braumeisters aus demselben Ort.

Am Ende des ersten Weltkrieges kaufte Großvater eine Mühle in Großkirschbaum nahe Lagow. Diese bearbeitete er mit Hilfe seiner 16jährigen ältesten Tochter Hilda.

Die Mühle war außerhalb des Ortes einsam gelegen. Oft graulte sich das junge Mädchen, wenn sie nachts allein das Mahlen überwachte und Wind und Mäuse ihre Gesellschaft waren. Neben der ältesten Tochter Hilda bestand die Familie aus den jüngeren Töchtern Grete, Lucie, Magda und einem kleinen Sohn, Helmut. Großmutter erwähnte oft, dass dieser abgelegene Ort kein Platz für vier junge Mädchen sei, die ja „eines Tages einen Mann zum Heiraten“ finden müßten!

Eines Tages, nach einer Fahrt in das benachbarte Lagow, erklärte Großvater, dass er dort eine Gastwirtschaft erworben hätte. Großmutter war auf keine Art in diesen Kauf eingeweiht worden. Als die Familie endlich in Lagow eingezogen war, entdeckte Großmutter wie sehr vernachlässigt das Haus war. Die Gastwirtschaft war wellig heruntergewirtschaftet: In den Dachstuben, wo die Töchter schlafen sollten, regnete es überall durch. In der Küche war der Kochherd unbrauchbar. Wie sollte sie damit kochen!

Meine Mutter, die älteste Tochter Hilda, erzählte oft, dass ihre Mutter drei Wochen lang nur geweint hätte.

Max Heinrich wurde im ganzen Ort über diesen Kauf verlacht.

Er aber hatte seine Gründe für den Erwerb dieses Grundstücks. Er hatte die ideale Lage desselben, direkt am See, in der Mitte des Ortes und unter der Burg erkannt.

Er hatte Ideen für einen Anbau auf der Seeseite. Er war als technischer Zeichner ausgebildet und begann Pläne für den Anbau zu entwickeln.

Der Zeitpunkt waren die 20er Jahre, die Nachkriegsjahre des Ersten Weltkrieges. Deutschland war darnieder. Es fehlte an allem, was man zum Leben brauchte. Dazu kam die galoppierende Inflation dieser Jahre.

Max Heinrich fehlte es an dem Kapital für seine hochstrebenden Pläne. Man erzählte, dass er „jeden im Ort anzupumpen versuchte“. Das brachte ihm den Namen „Max der Kalkulator“ ein.Die Familie Heinrich hatte sich inzwischen in ein erfolgreiches Familien Unternehmen entwickelt. Mit Fleiß, Sparsamkeit und dem Einsatz der herangewachsenen Töchter wurde das Geschäft betrieben. Hilda, als gelernte Köchin, leitete die Küche mit Hilfe der jüngsten Schwester Magda. Die Töchter Grete und Lucie machten die Bedienung im Lokal.

Zirka 1925 war es dann soweit, Großvaters Pläne zu verwirklichen. Man begann mit dem Abriss an der Seeseite. Das Lokal zur Straße blieb unverändert dem Charakter des Ortes entsprechend.

An der Seeseite war ein moderner Anbau geplant: Ein großer Saal mit Bühne, Tanzfläche, zweistöckige Galerien mit großen Fenstern zum See. Außerdem eine Terrasse über dem Wasser und ein Dachgarten. Es waren großartige Pläne für das verschlafene Örtchen Lagow und brachte ihm viel Spott ein.

Die Einweihung des Saales fand am 19. Oktober 1931 statt.



Der Saal war ein großer Erfolg.

Sommergäste kamen bis von Berlin mit Bahn und Automobilen, angelockt von Küche und Kuchen.

Sohn Helmut, inzwischen ausgebildeter Konditor, war besonders geschickt in er Gestaltung und Ausschmückung des Saales für Feste und Tanzvergnügen. Viele Lagower erinnern sich, dass sie ihren ersten Spielfilm in dem Saal erlebt haben.

Max Heinrich verstarb 1936 mit 56 Jahren.

Großmutter führte mit Sohn Helmut das Hotel weiter.

Die Töchter waren inzwischen alle verheiratet. Aber 1939 wurde Helmut als Soldat eingezogen.

So kam es, dass Martha Heinrich, Witwe, 59 Jahre alt, allein dastand mit dem Geschäft.

1940 übernahm Tochter Hilda, meine Mutter, wieder die Küche. In den Jahren von 1940-1945 kochte sie täglich einen Mittagstisch für ca. 20 Personen. Diese Jahre lebte ich praktisch im Hotel.

Endlich, am 30. November 1944 machte Großmutter die letzte Abzahlung der Schulden, die sie so sehr bedrückt hatten. Das Hotel Deutsches Haus war schuldenfrei. Sie konnte aufatmen. Aber, am 30 Januar 1945 war für uns in Lagow mit dem Einmarsch der sowjetischen Armee der Krieg zu Ende. Am 24. Juni 1945 wurde die deutschstämmige Bevölkerung in Lagow ausgetrieben.

Martha Heinrich, meine Großmutter, lebte bis 1958 in West- Berlin in sehr bescheidenen Verhältnissen ihr Leben zu Ende. In den Jahren nach 1945 sank das frühere HOTEL DEUTSCHES HAUS in einen Dornröschenschlaf, von dem es etwa 50 Jahre später geweckt wurde. Es erlebte eine Renaissance. Heute wird es, modernisiert aber grundsätzlich unverändert, als „Pod Basta“ geführt und wird gut sein für weitere 50 Jahre. Max Heinrich hat sich mit diesem Bau ein Denkmal geschaffen.

Berichtet von Lucie Arnhold-Weet. Geschrieben aus der Erinnerung. Genaue Daten waren nicht zu belegen. Ungenauigkeiten bitte entschuldigen.

Dieser Bericht ist auch für den „Raum des Erinnerns“ in Lagow bestimmt. Frau Annita Zajonzek-Müller ist meine Kontaktperson



Ryszard Bryl






2 Mai 2016


Wrschowetz, von S. Sinapius. I. S. 274

Diese gräfliche Familie ist im Jahre 644 mit dem Herzog Czech, ihrem Blutsfreunde, aus Croatien nach Böhmen gekommen, hat aber eben deshalb nach der Krone gestrebt, und weil man sie nach Absterben des männlichen Zweiges des Czech um 700 überging, haben sie sich bemüht, die Nachkommen desselben überhaupt zu vertügen oder doch Böhmen in die Hand von Polen zu bringen, weshalb sie genötigt wurden, dieses Land zu verlassen und sich nach Polen zu begeben. Sie führten im Wappen eine Fischreuse, die auf böhmisch Wrsch heißt und haben danach ihr 730 erbautes Schloß und sich selbst genannt. In Polen bekamen sie den Beinamen Axa oder Okscha und vermehrten sich so, daß über zwanzig Familien von ihnen ihren Ursprung herleiten. Ihr Wappen daselbst ist im roten Schilde ein weißes Beü und auf dem Helm eine Krone, darüber dieselbe Axt, die mit ihrer Spitze in die Krone dringt. Diese Axt haben sie in Polen seit dem Jahre 1109 erhalten, wo der böhmische Herzog Swatopluk dem Kaiser Heinrich V. gegen den polnischen König Swato- pluk in. half und die Armee desselben vor Groß-Glogau in Schlesien stand. Da schoß Johannes Wrschowetz, des Tisza Sohn, der mit dem König ins Feld gezogen war, dem Herzog Swatopluk emen Pfeü durchs Herz und verteidigte sich gegen seine Verfolger mit dem Spieß und der Axt, daher er von dem König mehrere Güter in Polen und die Axt ins Wappen erhielt. Nachdem aber zu des böhmischen Herzogs Friedrichs Zeiten Ratibor Wrschowetz durch seine Tapferkeit ganz Mähren unter böhmischen Gehorsam erhalten, ward er nebst seinem ganzen Gesehlechte wieder mit demselben ausgesöhnt, welches sich darauf wieder nach Böhmen wandte und diesem Königreich vortreffliche Dienste leistete, auch von dem oben erwähnten Wappen der Axt sieh den Namen „Sakerka“ beilegte, weil „Sakerka“ eine kleine Axt bedeutet.

Geschlechts-Namen und Wappensorgen des Adels deutscher Nation von Dr. J. G. Th. Graesse, K. Sächs. Hofrath, Direktor des Grünen Gewölbes etc., Dresden, G. Schönfelds Verlagsbuchhandlung 1876.

ES trat die Bitte an mich heran, über den Onkel meines Mannes, Hugo Graf Wrschowetz Secerka von Sedcziez, soviel ich von ihm wüßte, zu schreiben. Da ich ihn hoch verehrt und geliebt habe, tue ich das mit Freuden. Ist mir doch kaum ein Mensch vordem oder nachdem begegnet, der wie er Vornehmheit und Christentum so in seinem Leben vereinigte, daß es hell aus ihm heraus leuchtete.

Hugo Graf Wrschowetz (der Name ist böhmischen Ursprungs, siehe Anhang) war am 2. November 1809 in Götzhofen (Ostpreußen) geboren. Dort verlebte er seine Jugend mit seinem Bruder und seiner Schwester. Ersterer wurde späterhin Kammerherr Ihrer Königlichen Hoheit der verwitweten Prinzessin Friedrich von Preußen, Schloß Eller bei Düsseldorf. Letztere verheiratete sich mit einem Herrn von Schmeling; der Beiden Tochter lebte später lange Zeit in Lagow. Die Mutter der drei Wrschowetz- schen Kinder war eine geborene von Gregorsky, eine Frau des Gebets und des tiefen Glaubens. Der Onkel erzählte, wie er sie oftmals mit auf geschlagener Bibel auf dem Schoß gefunden habe.

In dieser heiligen Atmosphäre wuchsen die jungen Grafen mit ihrer Schwester heran, geliebt und geehrt von jedermann. An jedem 24. Juni, dem Geburtstag der Mutter, pflegten die Eltern dankend über die Felder zu fahren, dem das Lob darbringend, der seine Hand schützend über dieselben gehalten. Das waren tiefe Eindrücke, die den Kindern unverloren blieben. Der liebe Onkel hatte diese Sitte auch in Lagow beibehalten.

Hugo Graf Wrschowetz diente bei den 2. Garde-Ulanen in Potsdam. Dort lernte er die Freiin Luise von Brenn, Tochter des Preußischen Staatsministers, kennen. Da er sehr gottesfürchtig und ein Mann des Gebetes war, frug er Gott, ob er sie nehmen solle. Da habe er deutlich das Wort von oben gehört: Luise. Er nahm sie aus Gottes Hand, und sie ist ihfn eine wahre Gehilfin und Lebensgefährtin geworden. Aus dieser Verbindung erklärt sich mein Verwandtschaftsverhältnis. Die Schwester Helene der jungen Gräfin heiratete in erster Ehe den Herrn von Wurmb und wurde 1883 als Frau von Gutzmerow meine Schwiegermutter.

Die Hochzeit des Grafen Wrschowetz fand am 9. Dezember 1849 statt. Das Brautbild der Gräfin befindet sich noch heute im Schloß. Dieser Ehe entsproß ein kleiner Sohn, der in den ersten Wochen starb. So schmerzlich das den Eltern war, so sagte der Onkel später: „Der Herr hat es gut gemeint, wir hätten sicher das Kind ganz falsch erzogen.“ Dann führte er den kleinen Vers an: „Wenn kleine Himmelserben in ihrer Unschuld sterben, so büßt man sie nicht ein.- Sie werden nur dort oben vom Vater aufgehoben, damit sie unverloren sein.“ Die Ehe bheb fernerhin kinderlos.

Der Onkel wurde dann Adjutant des Prinzen Friedrich-Karl von Preußen, der ihn nie anders als „Wrsehowetz, mein guter Stern“, nannte. Mit ihm unternahm er weite Reisen bis an den Hof Rußlands. Späterhin wurde der Onkel Kommandeur der Schwarzen Husaren in Posen. Das lebensgroße Bild von ihm im Schloß, 1857 von Clara Oehnieke gemalt, gibt ihn in dieser Uniform wieder.

Nachdem er im Jahre 1856 seinen Abschied genommen hatte, hielt er es für seine Pflicht, sich mit dem Vermögen seiner Frau ein Gut zu kaufen. Lange schwankte er zwischen den Rittergütern Götzhöfen und Lagow. Das Erstere, der einstige Besitz seiner Eltern, inzwischen längst verkauft, wurde üim von neuem angeboten. Sein Herz zog ihn dahin, aber er wählte Lagow (ca. 2000 Morgen Land und 800 Morgen Wald). Als er sich unter Gebet zu diesem Entschluß durchgerungen hatte, schrieb er an seine Frau: „Luise, wir haben uns einen Steinhaufen gekauft.“

Wenige Jahre später befand er sich mit der Gräfin in einer Kirche. Der Pastor sprach über das Wort: „Wie schwer werden die Reichen in das Reich Gottes kommen.“ Das ergriff den Onkel so, daß er Gott bat, ihn den Weg dorthin zu führen. Da hörte er deutlich und vernehmlich hinter sich das Wort: Tholuck. Er drehte sich um, niemand saß auf der Bank. Er fragte seine Frau: Wer ist Tholuck? Da erzählte sie ihm, dieser sei der bekannte Theologe in Halle. So gingen sie beide auf ein halbes Jahr dorthin. Da saß nun der liebe Onkel auf der Theologenbank und lernte zu Füßen dieses tiefgläubigen Mannes Jesus als den einzigen Weg erkennen und Ihm folgen. Er wurde seit jener Zeit ein entschiedener Jünger Jesu Christi. So habe ich ihn als Braut 1883 kennengelemt und ihn bis zu seinem 80. Jahre als Mann des Glaubens und der völligen Liebe ausreifen sehen. Ihm habe ich es zu danken, wenn ich, ohne je von ihm dazu gedrängt worden zu sein, späterhin in das Lebensschiff des großen Meisters eintrat.

Was Lagow anbetrifft, so erfüllte sieh das Wort Matthäus 6, 33: „Trachtet am ersten nach dem Reiche Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch alles andere zufallen.“

Als der Graf mit der Gräfin hier in das Schloß einzog, war es eigentlich völlig unbewohnbar. Große Säle, schlechte Fußböden, kaum Öfen, nur Kamine, alles imheizbar. Der Graf wußte sofort etwas daraus zu machen. Er teilte den nördlichen Saal in die Bibliothek, jetziges grünes Wohnzimmer und zwei Kabinetts ein. Er brachte die nötigen Öfen hinein und hatte ein freundliches, warmes Winterquartier. Die Treppe, die nach oben ging, hatte keinen Abschluß. Alles stand offen. In dem Rittersaal hausten die Kaninchen und spielten die Stadtkinder, da weder Fenster noch Türen existierten oder in völligem Verfall waren. Die Burgmauern waren niedergebrochen. Er richtete sie alle wieder her und baute den Weg zur Vorfahrt hinauf. Um die Kirche standen sämtliche Wirtschaftsgebäude und so hörte man von dort Kühe blöken und die Schweine grunzen. Auf dem jetzigen Teeplatz am See war die Brennerei. Die Mistfuhren mußten auf den Falkenberg durch die Stadt gefahren werden, wobei manches verloren ging. So entschloß sich der Graf, etwa im Jahre 1860, alle Wirtschaftsgebäude mit Pachthaus hinaufzubauen. Neben den geringen Pachteinnahmen aus dem Gut und dem Erlös aus dem Walde stand ihm nur seine Pension zur Verfügung. Da von seinen Einnahmen die Hälfte dem Reiche Gottes gehörte, konnte er mit der übrigen Hälfte nur ein äußerst bescheidenes Leben führen. Aber der Herr segnete ihn auf Schritt und Tritt. Es gelang, nach und nach von der Schöning’schen Stiftung ein größeres Kapital zu bekommen. Er konnte die Verlegung des Gutshofes ausführen, nachdem ein Vetter von ihm, ein Graf Wrschowetz, bekannter Wasserfinder, an einer bestimmten Stelle auf dem Falkenberg eine Quelle entdeckt hatte.

Der Graf hatte einen ausgeprägten Schönheitssinn und war für die peinlichste Ordnung. Nie durfte der kleinste Stein in einer Mauer fehlen; sah er es, brachte er es sofort in Ordnung. Große Reparaturen hat er sich dadurch erspart.

Sein ganzes Wesen war erfüllt vom Geiste Gottes, und ich sah ihn ein Jahr vor seinem Tode dieser Erde entfliehen, obgleich er, noch hier war. Ich wunderte mich darüber, daß niemand es sah. An ihm ist das Wort wahr geworden: „Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von des Leibe werden Ströme des lebendigen Wassers fließen.“ Mit einem seligen Lächeln, den Blick nach oben gerichtet, ohne jegliche Krankheit vorher, war er heimgegangen. Seine Frau überlebte ihn um sieben Jahre.

Als der Onkel seine lieben Augen für diese Welt geschlossen hatte (19. Februar 1889), sagten die Leute in der Stadt- und Landgemeinde: Wir haben einen Vater verloren. Es meldete sich sofort bei der Nachricht seines Heimgangs bei der Gräfin Wrschowetz ein königlicher Förster. Dieser trat mit der Bitte heran, den Grafen von seinem Ruhebett persönlich in den Sarg heben zu dürfen. Wie kam das ? Diese Geschichte möchte ich noch erzählen, denn vielleicht dient sie noch manchem zum Nachdenken und zum Segen.

Es war zu Lebzeiten des Grafen ständig Sonntags in der Kirche für den gräflichen Schloßherrn gebetet worden. Eines Sonntags fiel dieses Gebet fort. Als der Graf, sich wundernd» darüber Nachforschungen hielt, hörte er, daß der vorerwähnte Förster sich dagegen in der Kirchengemeinde beschwert habe. Auf das hin wurde von dem Gebet Abstand genommen, weü zu solcher Fürbitte alle Gemeindeglieder einig sein mußten.

WaS der Grund dieses Grolles gegen ihn war, könnte der Onkel nicht feststellen. Es entstand aber dadurch in seinem Herzen eine leise Mißstimmung, die ihm selbst am schmerzlichsten war. Eines Tages, als der Graf zum Abendmahl gehen wollte, gedachte er des Wortes Matthäus 5 Vers 23 und 24. Es ließ ihm keine Ruhe; er meldete sich bei dem Förster, ihn um Verzeihung bittend, falls er irgendwie etwas Unbewußtes an ihm getan hätte. Es schmerzte ihn, daß er, der Onkel, seit dem fehlenden Kirchengebet etwas in seinem Herzen wider ihn hätte. Der Förster war so überrascht und tief bewegt, daß er nichts herausbrachte. Die Antwort war ein warmer Händedruck. Die Frucht war jene Bitte des Försters an die Gräfin.

Ich danke dem Herrn, schrieb dieselbe an die ihr Beileid spenden Wollenden, daß er mich würdigte, neben einem solchen Mann vierzig Jahre meines Lebens zuzubringen.

Als die Gräfin Papiere und Sachen nach seinem Tode revidierte, fand sie alles in musterhafter Ordnung. Jede Rechnung war bezahlt, eine kleine, ihr unbekannte Büchse fand sich, auf der die Worte standen: Für mein Begräbnis. Darin befand sich für diesen Zweck zurückgelegtes Geld, um seiner lieben Frau alles zu erleichtern. Ferner die genauen Bestimmungen seines Begräbnisses und der ausdrückliche Wunsch, nichts Lobendes über ihn zu sagen. Das Lied aber sollte gesungen werden: Was Gott tut, das ist wohlgetan.

Ich werde die Worte des Pastors» der die Trauerrede in der Kirche hielt, nie vergessen. Er sagte: Eine irdische Königskrone ist ihm entgangen. Eine ewige Krone ist ihm geworden. Der Feldherr ist gefallen, die Fahne ist gesunken, wer hebt sie auf? Da schrie es laut in mir: Ich! Und als ich etwa im Jahre 1897 zum vollen Glauben in Christum durchdrang, hat mich der Herr beim Wort gehalten.

Ich werde die Worte des Pastors der die Trauerrede in der Kirche hielt, nie vergessen. Er sagte: Eine irdische Königskrone ist ihm entgangen. Eine ewige Krone ist ihm geworden. Der Feldherr ist gefallen, die Fahne ist gesunken, wer hebt sie auf? Da schrie es laut in mir: Ich! Und als ich etwa im Jahre 1897 zum vollen Glauben in Christum durchdrang, hat mich der Herr beim Wort gehalten.


Schloß LagoW, Ostern 1935.

Margot Wurmb von Zink
geh. Reichsgräfin von Wylich und Lottum.

Anhang


Die Familie der Wrschowetze, die aus Böhmen stammt, wo ein Ort Wrschowetz genannt ist und sie ihr eigenes Geld geprägt hatten, lebte später in Deutschland. Ein Abdruck einer Münze befindet sich im Schloß.

Da sie Ansprüche auf die böhmische Königskrone hatten, wurden sie nach historischer Überlieferung auf Geheiß von Ottokar dem Stolzen von Böhmen, als sie alle bei einem Gastmahl auf seinem Schloß versammelt waren, von Abgesandten überfallen und getötet. Es entfloh aber die Herrin des Hauses, die in der Hoffnung war und nach einiger Zeit einem Knaben das Leben gab, der der Stammvater der jetzt noch lebenden Wrschowetze wurde.

Bei Hof mußten die Grafen Wrschowetz mit einem bestimmten Kordon um den Hals vor ihrem Herrscher erscheinen zum Zeichen dessen, daß sie keine Ansprüche auf die böhmische Königskrone mehr erhöben. Der Graf Hugo Wrschowetz erzählte, wie der Kaiser von Österreich zu Besuch beim Preußischen Hofe ihn einmal daraufhin angeredet habe mit den Worten: Wrschowetz, Sie werden mir doch keine Geschichten machen?

Der Grafentitel wurde in Preußen 1717 anerkannt.


Nachwort


Am 2. Juli 1948 hat der Herr Christus seine Magd Margot Wurmb von Zink geh. Reichsgräfin vonWylich und Lottum aus dem Hause der Fürsten zu Putbus im fast vollendeten 84. Lebensjahr friedevoll heimgebolt.

Als treue Jüngerin ihres Herrn und Meisters Jesus Christus war sie ausgerüstet mit herrlichen Gaben und durfte viele Menschen zu ihm führen. Während vierzig Jahren diente sie auf ihrem heimatlichen Besitz, Schloß Lagow, der Gemeinde. Ihr Herz, ihr Haus, ihr Geld, alles stand ihrem Herrn zur Verfügung. Mit 80 Jahren mußte sie aus der Heimat fliehen. Ihr Wanderstab war das Wort: „Er hat dein Reisen durch diese große Wüste zu Herzen genommen“ (5. Mose 2, 7). Ihr Glaube war verankert in l.Thess. 4, 14—18. Er blieb uner- i schüttert auch während ihrer letzten Leidenszeit. Ihre Liebe und Güte war grenzenlos.

Wir wissen sie geborgen und legten ihre geliebte Hülle hier zur letzten Ruhe. Mit allen, die sie liebhatten, mit allen, die ihr danken, stellen wir uns unter das Wort: „Der Tod seiner Heiligen ist wertgehalten vor dem Herrn“ (Psalm 116, 15).


Wanda Gräfin von Pückler und Limpurg.,
geb. von Wurmb Margot von Wurmb
Burgfarrnbach-Fürth,
Schloßhof 12







10 April 2016


Lagow - Ein Buch Der Heimat


Wir suchen Materialien in deutscher Sprache (Texte und Aufnamen), aber auch Sponsoren die Übersetzung der 33-seitigen Schrift unterstützen möchten – zur Ehre der Lokalität

Materiały w j. niemieckim – poszukujemy sponsora tłumaczenia tekstu + zdjęcia stanowiącego 33 strony ku chwale lokalności…


Ryszard Bryl




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